Die 960 Tafeln in Deutschland spüren jeden Tag, dass die wirtschaftliche Situation sich für viele Menschen verschärft hat. Immer mehr Leute wenden sich zum ersten Mal an eine der Tafeln und bitten um Hilfe, weil ihr Geld nicht mehr zum Leben reicht. Zu den Tafel-Neukundinnen und -Kunden gehören einerseits Geflüchtete aus der Ukraine, andererseits Erwerbslose, Erwerbstätige mit geringem Einkommen sowie Rentnerinnen und Rentner. Meist Menschen, die vorher noch irgendwie über die Runden gekommen sind, die sich jetzt jedoch die hohen Preise für Lebensmittel, Sprit und Energie nicht mehr leisten können.
Mittlerweile kommen über zwei Millionen Menschen in Deutschland regelmäßig zu den Tafeln – so viele wie nie zuvor!
Tafeln in der Krise: Armut braucht mehr Aufmerksamkeit
Auch die Tafeln spüren die steigenden Preise schmerzlich, können aber kaum sparen: Sowohl die Fahrten zu Spendern als auch der Strom für Beleuchtung, Kühlräume usw. sind für den Tafel-Betrieb zwingend nötig.
Erschwerend kommt hinzu, dass viele Tafeln immer weniger Lebensmittelspenden erhalten, die sie an ihre Kundinnen und Kunden verteilen können. Knapp ein Drittel der Tafeln musste bereits einen Aufnahmestopp einführen, da die Lebensmittel nicht mehr reichen, um die Nachfrage zu erfüllen. Außerdem werden oft kleinere Mengen an jeden Haushalt abgegeben, um so viele Menschen wie möglich zu unterstützen.
Mehr Kundinnen und Kunden, weniger Spenden und höhere Kosten: Tafeln sind aktuell so stark gefordert wie nie zuvor. Trotz den erschwerten Bedingungen engagieren sich die 60.000 Tafel-Aktiven weiterhin unermüdlich und mit aller Kraft gegen Verschwendung und Armut. Die Consileon Business Consultancy hat ihre Zentrale in Karlsruhe und unterstützt darum seit einigen Jahren die Karlsruher Tafel. Dieses Jahr möchte Consileon jedoch nicht nur Geld spenden, sondern auch dazu beitragen, dass dem Thema Armut mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird. Darum haben wir das ehrenamtliche Vorstandsmitglied Joachim Ruf von der Karlsruher Tafel e. V. um ein kurzes Interview gebeten, in dem er die aktuelle Situation noch einmal eindrücklich schildert.
Herr Ruf, welches Angebot können Sie bedürftigen Menschen machen?
Wir „retten“ Lebensmittel bei Verbrauchermärkten, Bäckereien und anderen Geschäften und verteilen diese an bedürftige Einzelpersonen und Familien. Für viele ist unser Angebot existenziell. Sie hätten sonst tagelang kaum etwas zu essen. Kunde kann bei uns nur werden, wer seine Bedürftigkeit nachweisen kann.
Wie viele Menschen nutzen aktuell das Angebot in Karlsruhe?
In Karlsruhe Stadt agieren drei voneinander unabhängige Tafeln. Die Karlsruher TAFEL e.V. ist die älteste TAFEL der Stadt und betreut ca. 1.400 Menschen pro Woche. Es sind dieses Jahr definitiv mehr geworden als noch im Vorjahr. Viele Menschen haben einfach zu wenig Rente oder Einkommen, um die gestiegenen Fixkosten auffangen zu können…
Bedauerlicherweise ist die Nachfrage jedoch so groß, dass wir – wie alle anderen Tafeln hier in Karlsruhe auch – einen Aufnahmestopp aussprechen mussten.
Was sind die größten Herausforderungen, mit denen die Tafel Karlsruhe momentan zu kämpfen hat?
Das lässt sich schnell auf den Punkt bringen: Immer weniger Waren treffen auf eine wachsende Anzahl Bedürftiger… Das passt hinten und vorne nicht. Leider hege ich auch keine großen Hoffnungen, dass es im kommenden Jahr besser wird. Im Gegenteil. Die Geschäfte kalkulieren immer vorsichtiger und geben weniger ab – aber auf der anderen Seite wird der Bedarf steigen.
Wir können in dieser Situation jede erdenkliche Hilfe brauchen, sei es durch ehrenamtliches Engagement, sei es durch Geld- oder Lebensmittelspenden.
Gibt es zu Weihnachten eine besondere Aktion bei der Tafel Karlsruhe?
Wir haben das Glück, eine Reihe von Unterstützern zu haben, die uns schon seit vielen Jahren Nikoläuse und andere Süßigkeiten spenden. Damit können wir unseren Kunden und Kundinnen, vor allem den Kindern, die Adventszeit und das Weihnachtsfest versüßen.
Spenden statt schenken – unter diesem Motto unterstützt Consileon weitere Organisationen und Vereine.