Welche Folgen hätte ein SWIFT-Ausschluss Russlands?

Wer darf SWIFT benutzen?

SWIFT ist ein globales Nachrichtensystem für Banken, das mehr als 11.000 Banken in 200 Ländern verbindet. Über SWIFT geben weltweit Banken Informationen über angewiesene Zahlungen weiter. Mehr als 95 Prozent des grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs werden über dieses System abgewickelt. SWIFT gibt Mindestanforderungen an Banken vor, so dass im Prinzip jedes seriöse Geldinstitut, das sich an Gesetze und Sicherheitsbestimmungen hält, daran teilnehmen kann. Nur die jeweilige nationale Aufsicht kann dies einschränken.

Warum kann die USA große Einschränkungen bei SWIFT vornehmen?

Die meisten Zahlungsanweisungen über Grenzen hinweg werden in Dollar vorgenommen. Diese Zahlungen laufen dann über US-amerikanische Korrespondenzbanken, auch wenn die Überweisung selbst gar nicht von den USA ausgeht oder dorthin gelangen soll. Der Verwendungszweck muss dabei immer offengelegt werden. Die Korrespondenzbanken haben dann die Pflicht, die Zahlungen gegen bestehende Auflagen zu prüfen und fragwürdige Zahlungen zu melden. Gegebenenfalls werden Zahlungen dann sogar konfisziert, bei Missbrauch können auch Konten ausländischer Korrespondenzbanken geschlossen werden.

90 Prozent des SWIFT- Zahlungsverkehrs wird in US-Dollar abgewickelt und somit auch von den US-Korrespondenzbanken geprüft. Dies ist ein wichtiger Fakt, um zu verstehen, warum die USA eine Vormachtstellung auf dem internationalen Finanzmarkt genießt. Wenn Unternehmen, Staaten oder Banken versuchen, den Prüfungen und Kontrollen zu entgehen, und sie fliegen auf, zahlen sie bereitwillig extrem hohe Strafen – alles ist besser, als Einschränkungen hinnehmen zu müssen oder gar aus dem SWIFT-System rausgeworfen zu werden.

Können Staaten, Banken und Firmen dem US-Einfluss auf dem Finanzmarkt entgehen?

Bisher wendet der amerikanische Staat sein Sanktionsregime zwar auch auf ausländische Banken an, jedoch nicht auf Zahlungen, die nicht in Dollar notiert sind. US-Korrespondenzbanken und ihr striktes Reglement können von Firmen und ihren Geschäftspartnern umgangen werden, wenn sie sich auf eine andere Währung verständigen.
Allerdings hätte ein Dollar-Verbot bereits drastische Konsequenzen für Russland. Die russische Börse würde zusammenbrechen, weil Ausländer nicht mehr investieren können. Dadurch müsste die Bevölkerung auf viele Importgüter wie z. B. auf deutsche Autos verzichten.
Wenn die USA SWIFT anweisen, die Verbindungen zu Russland komplett zu trennen, können – auch unabhängig von der Währung – keine Zahlungen von und nach Russland mehr geleistet werden. Dies ist auch schon in der Vergangenheit in wenigen Fällen umgesetzt worden (Iran und Nordkorea).

Was würde passieren, wenn Russland von SWIFT ausgeschlossen wird?

Der erschwerte Zugang zum internationalen Finanzverkehr würde Zahlungen verlangsamen oder ganz verhindern. Exporte von und nach Russland würden einbrechen. Warenströme würden eingestellt werden, so würden z. B. deutsche Firmen aufhören Maschinen und Co an Russland zu liefern oder zu warten – und umgekehrt würde es von Russland kein Erdgas mehr für Deutschland geben. Investoren würden sich aus Russland zurückziehen, damit sie nicht auf den Export-Kosten sitzen bleiben. Das würde die eh schon angeschlagene Wirtschaft Russlands, die stark vom Gashandel abhängt, spürbar schwächen. Das Durchschnittseinkommen würde deutlich verringert werden (ähnlich wie im Iran: Hier sank der Lebensstandard seit 2010 um durchschnittlich 17,7 Prozent).

Allerdings würde langfristig China in die Lücke springen und seine Position als zentraler Handelspartner Russlands weiter ausbauen. Die Finanz- und Warenströme würden sich noch stärker Richtung China verlagern. Erst vor Kurzem schlossen die beiden Länder einen Milliardendeal für die Erdgasversorgung ab, der Russland unabhängiger von Europa macht.

Was würde das jedoch für Europa bedeuten? 55 Prozent des deutschen Gasverbrauchs werden derzeit von Russland bezogen. Da es dafür nur ungenügende oder sehr teure Alternativen gibt, kann man sich schnell ausmalen, dass ein SWIFT-Ausschluss Russlands ein zweischneidiges Schwert ist und auch für Deutschland und andere Handelspartner dramatische Folgen haben kann…

Welche Folgen für den internationalen Finanzmarkt hätte ein SWIFT-Rauswurf?

Russland hat ein ähnliches System wie SWIFT aufgebaut, an dem jedoch derzeit gerade mal 400 Banken teilnehmen. Es kann jedoch nur für Rubel genutzt werden. Im korrespondierenden chinesischen System hingegen ist der Yuan die einzige Währung (während SWIFT prinzipiell für alle Währungen offensteht). Immerhin gibt es in diesem schon 1.200 globale Teilnehmer. Bei Sanktionen würden diese Systeme als Alternativen herhalten müssen und auf lange Sicht gewiss ausgebaut werden. Damit würde jedoch die USA die Vormachtstellung ihrer Leitwährung Dollar gefährden und die Waffe der SWIFT-Sanktionen – auch für andere Länder – in wenigen Jahren schnell abstumpfen lassen.

Fazit: SWIFT-Ausschluss – Fatal für Russland, aber auch katastrophal für andere Nationen

Da die USA mit ihren Drohungen auch die EU und insbesondere Deutschland sanktionieren würde, kann die USA einen SWIFT-Ausschluss nur dann anstreben, wenn sie diese gemeinsam mit der EU beschließen. Die katastrophalen Folgen, die u.a. ein Ausbleiben der Gaslieferungen nach sich ziehen und den europäisch-russischen Export betreffen würden, lassen Politiker jedoch zurückrudern. Darum bezeichnete der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz den SWIFT-Rauswurf auch als „Atombombe der Kapitalmärkte“.